„HIGHLIGHTS“ AM LEONHARDSWEG

Mag. Josef Fischer-Colbrie

LANDSCHAFTLICHE  VIELFALT  UND  NATURKUNDLICHE  „HIGHLIGHTS“  AM LEONHARDSWEG

Der Leonhardsweg führt vom Salzburger Dom über eine Strecke von ca. 140 km zur Wallfahrtskirche „St.Leonhard“ bei Tamsweg. Ich bin mit meiner Frau und einer Freundes-Gruppe vom 28.5. – 2.6.2016 diesen Weg gegangen und möchte nun im folgenden weniger die kulturellen Kostbarkeiten beschreiben, die an diesem Weg liegen; ich werde vielmehr versuchen, die landschaftliche Vielfalt und die naturkundlichen „highlights“ zu schildern, die wir im Verlauf unserer Wanderung erleben durften.

Geht man vom Salzburger Dom in`s Nonntal, erreicht man in wenigen Minuten die Freisaal-Wiesen, die als grüner Keil von Süden bis direkt an das Zentrum der Stadt Salzburg heranreichen und für das Landschaftsbild und die Erholung der Bevölkerung von unschätzbarem Wert sind. Bei unserer Wanderung waren in  diesem Grünraum tausende rote Farbkleckse (der Klatschmohn hat gerade geblüht), und die weiter südlich aufragenden, noch mit Schnee bedeckten Gebirgsstöcke der Kalkhochalpen ergänzten das wunderbare Farbenspiel.

Gleich darauf wanderten wir durch die Hellbrunner Allee und genossen nicht nur die herrliche Kulturlandschaft beidseits der Allee, sondern auch den Schatten, den die alten Alleebäume spenden. Am anschließenden Weg durch den Hellbrunner Schlosspark konnten wir  beobachten, wie sehr sowohl die Einheimischen als auch die zahlreichen Touristen dieses Erholungsgebiet genießen, das wir – ebenso wie die Hellbrunner Allee – den Fürsterzbischöfen verdanken.

Auch der weiter in Richtung Gebirge führende Weg durch Teilbereiche des Landschaftsschutzgebiets „Salzburg-Süd“ über die Königssee-Ache (wo der Tennengau beginnt) nach Rif durch die dortige Schloss-Allee und entlang der Salzach weiter nach Hallein war von vielen Eindrücken geprägt. Nach einer wohlverdienten Pause im Zentrum der Salinenstadt (und einer Portion Eis) erreichten wir am Nachmittag unser erstes Etappenziel Bad Vigaun.

Der zweite Tag begann mit einem echten naturkundlichen „highlight“ (wie bereits im Titel angekündigt): wir wanderten am Rand des Tauglgries - ein Natur- und Europaschutzgebiet - zur Römerbrücke. Die Taugl bildet hier eine der letzten Wildfluss-Landschaften nördlich der Alpen ! Gleich unterhalb der Römerbrücke hat sich der Fluss schluchtartig in den gebankten Kalk („Oberalmer Schichten“) eingeschnitten und wird hier von einem Schluchtwald begleitet. Dann folgt eine Flachstrecke, in der sich das Flussbett weitet und die einzelnen Flussarme immer wieder umgelagert werden. Hier besitzt der Flussregenpfeifer einen seiner letzten natürlichen Brutplätze im Land Salzburg -er benötigt nämlich ausgedehnte Schotterflächen, die durch Begradigungen und Verbauungen von Flüssen weitgehend verloren gegangen sind. Auch eine zweite Kiesbank-Brüterart, der Flussuferläufer, wurde kürzlich hier nachgewiesen. Im Tauglgries wurde für diese beiden sowie auch für andere seltene Tierarten wegen des enormen Nutzungsdrucks durch Erholungs-Suchende eine temporäre Schutzzone eingerichtet, deren Zweck auf mehreren Informationstafeln am Rand des Gebiets erläutert wird.

Der anschließende Anstieg führte uns durch Mischwälder und über artenreiche Bergmähwiesen nach St.Koloman und dann weiter zum Seewaldsee, einem bekannten und beliebten Ausflugsziel. Dieser malerische kleine Bergsee mit seinen ökologisch hochwertigen Verlandungszonen steht unter Landschaftsschutz; in seiner Umgebung gibt es artenreiche Feuchtwiesen, Moore und Sumpf-Flächen. Nach einer Jause auf der „Auer-Hütte“ oberhalb des Sees ging es hinab zum zweiten Etappenziel Voglau im Lammertal.

Am dritten Tag wanderten wir zunächst durch den Hauptort des Lammertals, die Marktgemeinde Abtenau. Ein besonders schöner Abschnitt des Leonhardsweges verläuft hier dem Fischbach entlang zum nordöstlichen Fuß des Tennengebirges und – den Schober umrundend – weiter über die Gehöfte „Bachlahn“ und „Gwechenberg“ zum Etappenziel Annaberg.

Der vierte Tag führte uns hinauf in die herrliche Almregion unterhalb des Gosaukamms: zunächst zur Mahdalm, weiter zur Sulzkaralm und sodann zur Aualm am Fuß der Bischofsmütze (die sich leider hinter Wolken versteckte); über den Marcheggsattel gelangten wir dann in`s Tal der Warmen Mandling und dieser entlang nach Filzmoos; schließlich wanderten wir noch nach Mandling , wo wir die Grenze zur Steiermark und unser Etappenziel erreichten. Beim Abstieg vom Mandlberg in`s Ennstal bot sich uns ein beeindruckender Tiefblick auf das Mandlinger Moor: hier wurde in einem kleineren Teil Frästorf-Abbau betrieben; der größere Teil des Moores weist allerdings noch naturnahen Charakter auf, zeigt die typische Artengarnitur der Hochmoore  und steht unter Naturschutz („Geschützter Landschaftsteil“): zweifelsohne einen weiteres naturkundliches „highlight“ auf dem Leonhardsweg !

Der fünfte Tag führte uns – wieder auf Salzburger Gebiet – über die Brandscharte in die kleine Ortschaft Forstau und dann weiter nach Süden in die Niederen Tauern. Gleich oberhalb von Forstau verläuft der Leonhardsweg an einem besonders schönen Abschnitt des Forstaubaches, der hier einen wildromantischen Charakter aufweist und – ebenso wie das Mandlinger Moor – als „Geschützter Landschaftsteil“ unter Naturschutz steht. Unser heutiges Etappenziel „Vögeialm“ befindet sich allerdings viel weiter südlich im Talschluss des Forstautales, weshalb wir noch einige Kilometer auf dem Almweg taleinwärts gehen mussten, ehe wir die Gastfreundschaft der Eigentümer-Familie und das reichhaltige, extra für uns zubereitete  „Pilger-Menü“ in der gemütlichen Stube genießen durften.

Am sechsten und letzten Tag erwartete uns dann die „Königsetappe“: zunächst 500 Höhenmeter bergwärts zum Oberhüttensee, einem malerisch gelegenen Hochgebirgssee nahe der Bezirksgrenze Pongau/Lungau, dann über den Oberhüttensattel (höchster Punkt des Leonhardsweges: 1866 m ü.A.) in den Lungau (ein UNESCO-Biosphärenpark), und schließlich das ca. 20 km lange Weißpriachtal hinaus nach Mariapfarr und weiter nach Tamsweg !

Das Weißpriachtal wird von der Lonka (=Longa) durchflossen, einem Gebirgsbach, der am Oberhüttensattel entspringt und in Stranach bei Mariapfarr in die Lungauer Taurach mündet.  Zwei – eigentlich sind es drei – Teilabschnitte der Lonka stehen unter besonderem Schutz:  beim „Lahntörl“ (eine Steilstufe unterhalb der Einmündung des Znachbaches), wo die Lonka Wildbach-Charakter aufweist und über zahlreiche Felsstufen zu Tal stürzt, und im flachen Gelände weiter talauswärts bei Weißpriach, wo die Lonka dann ihr anderes Gesicht zeigt – hier mäandriert sie gemächlich inmitten ausgedehnter Feuchtwiesen; in diesem Landschaftsraum gibt es zwei besonders geschützte Abschnitte: die „Lonka-Mäander/Nordteil“ und „Südteil“ - ein weiteres naturkundliches „highlight“ !  

In jedem Frühjahr findet hier ein beeindruckendes Naturschauspiel statt: tausende Amphibien (Frösche, Kröten und Molche) wandern von ihren Landlebensräumen zu den Laichgewässer an der Lonka und machen diese Gegend zu einer der bedeutendsten Amphibien-Wanderstrecken in Österreich. Weil diese Strecke u.a. über eine stark befahrene Straße führt, wurden hier früher viele Tiere überfahren. Durch den Bau einer Tunnel-Leitanlage unter dieser Straße konnte der Großteil dieser Tier-Wanderroute dauerhaft entschärft werden.

Mariapfarr – der sonnenreichste Ort Österreichs – war unser letzter Rastplatz, bevor es entlang der Taurach durch den Lungauer Zentralraum und weiter nach Mörtelsdorf, von dort über die Mur und schließlich hinauf zur Wallfahrtskirche St.Leonhard  ging;  etwas müde, aber auch stolz über die erbrachte Leistung und voller großartiger Eindrücke, die wir während der vergangenen Tage erleben durften, statteten wir in der prächtigen Kirche dem Heiligen Leonhard unseren Dank ab und durften im Rahmen einer Führung von der Mesnerin, Frau Marianne Resch, zahlreiche interessante Details über dieses beeindruckende Gotteshaus erfahren, bevor wir in Tamsweg im neu erbauten Gambswirt unsere letzte Nacht vor der Heimfahrt verbrachten.

Die Leonhardsweg-Pilger vor dem Abmarsch beim Salzburger Dom